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Châteauneuf-du-Pape – mein Wein!

Unglaublich, daß auf diesem Boden überhaupt etwas wächst! Knorzige, über hundert Jahre alte Grenache-Reben krallen sich durch eine Schicht faust- bis kopfgroßer Flußkiesel in den Boden. Wenn der alte Winzerspruch stimmt, daß auf den schlechtesten Böden die besten Weine wachsen, kann es wohl kaum etwas Besseres geben, als die mächtigen Rotweine aus Châteauneuf-du-Pape. Es ist dieses spezielle Terroir, das die Weine von Châteauneuf-du-Pape so besonders macht.

Bei meinem letzten Besuch vor Corona, Ende Oktober 2019, scheint die Sonne aus einem strahlend blauen Himmel. Das Thermometer zeigt offizielle 19 Grad. Trotzdem gehe ich noch einmal zum Auto zurück und hole mir meine Jacke, so kalt ist der heftige Wind, der stürmisch von Norden her das Rhône-Tal hinunter fegt. Die meisten Weinberge sind abgeerntet. Nur diese uralten Grenache-Stöcke tragen noch einige wenige, kleine Trauben, die reif und gesund aussehen. Dies haben sie nicht zuletzt diesem Wind - Mistral genannt - zu verdanken, der an bis zu 120 Tagen im Jahr weht und selbst nach kräftigen Regenfällen die Trauben regelrecht trocken bläst.

Rebstock mit den berühmten großen Kieselsteinen bei Château de Beaucastel
Rebstock mit den berühmten großen Kieselsteinen bei Château de Beaucastel

 Die Weine aus Châteauneuf-du-Pape zählen heute zu den ganz großen Weinen der Welt. Zurückzuführen ist dies auf eine Weinbautradition, die weit ins Mittelalter zurückreicht, der geschickten Nutzung der Anwesenheit der Päpste in der Region im 14. Jahrhundert zur Positionierung und Vermarktung, der Einführung der ersten AOC-Regeln Frankreichs ab 1923, dem einzigartigen Terroir des südlichen Rhône-Tals sowie nicht zuletzt der Vorliebe des renommierten amerikanischen Weinkritikers Robert Parker für körperreiche, fruchtig-opulente Rotweine, was einigen Châteauneuf-du-Papes spektakuläre Bewertungen einbrachte. Doch der Reihe nach.

Der Wein der Päpste?

Zwischen 1309 und 1377 regierten von Avignon aus insgesamt 9 Päpste die römisch-katholische Kirche. Als erster ließ sich Papst Clemens V. (1305 – 1314) in Avignon nieder. Sein Nachfolger, der in Cahors geborene Johannes der XXII. (1316 - 1334), wählte als Sommerresidenz das 17 km nördlich von Avignon gelegene Schloß von Châteauneuf-du-Pape (wörtlich übersetzt: „neues Schloß des Papstes“) und gab dem Weinbau wichtige Impulse, indem er Winzer aus seiner Heimat Cahors holte und neue Weinberge anlegen ließ. Von der einstigen Pracht des Papst-Schlosses ist leider nicht mehr viel zu sehen. Schon in den Religionskriegen im 16. Jahrhundert wurde das ursprüngliche Schloß zerstört, heute steht nur noch ein halber Bergfried.

Allerdings waren es nicht die Päpste, die als erstes Wein in der Region erzeugen ließen. Vermutlich kam der Weinbau bereits mit den Griechen ins südliche Rhône-Tal, als diese im 6. Jahrhundert v. Chr. die Kolonie Marseille gründeten.

Der Papst-Palast in Avignon, erbaut ab 1335 unter Papst Benedikt XII.
Der Papst-Palast in Avignon, erbaut ab 1335 unter Papst Benedikt XII.

Lustigerweise wird den Päpsten in Avignon nachgesagt, daß sie selbst eher wenig Wein aus der Region um Avignon und Châteauneuf getrunken haben sollen, sondern große Liebhaber von Burgunderweinen waren und deren Reputation mit Nachdruck förderten. Das hat schlaue Winzer und Vermarkter jedoch nicht daran gehindert, die Anwesenheit der Päpste in Avignon und Châteauneuf zu nutzen, um ihre Weine mit Geschichte und Geschichten emotional aufzuladen und im Glanz der Päpste zu positionieren. Aus dem „Vin d' Avignon“ des 18. Jahrhunderts wurde der „Châteauneuf-du-Pape“ und für die Erzeugerabfüllungen wurde bereits 1938 eine spezielle Flasche markenrechtlich geschützt, auf der im Relief die päpstlichen Symbole der gekreuzten Schlüssel Petri und der Tiara prangen. Wenn am Ende der Geschichte so großartige Weine, wie die heutigen Châteauneuf-du-Pape stehen, sollte uns das egal sein. Zur Ehrenrettung der Châteauneuf-Weine früherer Zeiten sei trotzdem erwähnt, daß bis zum ersten Weltkrieg viele als „Vin de Médicine“ ins Burgund verkauft wurden, um dort die damals oft blassen und leichten Burgunder mit Körper und Alkohol aufzuhübschen.

Aufstieg aus der Krise - die älteste Appellation Frankreichs

Nach der Reblaus-Katastrophe der 1870er Jahre und Weinpanschereien Anfang des 20. Jahrhunderts lag Châteauneuf am Boden. Baron Pierre Le Roy de Boiseaumarié, Eigentümer von Château Fortia, erkannte als erster, daß es nur einen Weg aus der Krise gab: rigorose Qualitätsverbesserung. Unter seiner Federführung erarbeiteten die Winzer von Châteauneuf klare Regeln für die Weinproduktion. Zugelassene Rebsorten, geeignete Weinberge, Höchsterträge und minimaler Alkoholgehalt wurden definiert und bereits 1923 veröffentlicht. Damit sind die Statuten von Châteauneuf-du-Pape der Prototyp für die ab 1936 nach und nach eingeführten geschützten Herkunftsbezeichnungen (AOC heute AOP) der französischen Weinanbaugebiete.

Über den Weinbergen der Domaine de Nalys erhebt sich am Horizont der Mont Ventoux
Über den Weinbergen der Domaine de Nalys erhebt sich am Horizont der Mont Ventou

13 Rebsorten – die Kunst der Cuvée

Baron Pierre Le Roy hatte zunächst 10 Rebsorten für die Produktion von Wein in Châteauneuf-du-Pape ausgewählt. Mit Einführung der offiziellen AOC-Regelungen 1936 kamen weitere 3 hinzu, so daß heute meistens immer noch von 13 zugelassenen Rebsorten für Châteauneuf-du-Pape gesprochen wird. Manche Rebsorten gibt es jedoch in unterschiedlichen Varianten, wie z.B. die Grenache in blanc, gris und noir. So kommt es, daß gelegentlich auch von 15, 18 (offiziell in den AOC-Regelungen von 2009) oder gar 22 zugelassenen Rebsorten gesprochen wird.

Die wichtigsten roten Rebsorten sind Grenache Noir, Syrah, Mourvèdre und Cinsault, außerdem Counoise, Muscardin, Vaccarèse und Terret, die weißen Rebsorten sind Grenache Blanc, Clairette, Roussanne, dazu Barboulenc, Picpoul und Picardan. Die Rebsorten werden separat vergoren und ausgebaut und erst anschließend wieder miteinander verschnitten. Jede Rebsorte hat ihr eigenes Profil und spezielle Stärken, die es gilt, in der Cuvée herauszuarbeiten: Grenache bringt eine opulente Fruchtigkeit, Syrah Würze und Farbe, Mourvèdre Eleganz und Struktur, Cinsault Finesse und Geschmeidigkeit, Counoise - bei niedrigem Ertrag - Körper und Vollmundigkeit … Für die genaue Zusammensetzung gibt es keine Vorschriften und es ist jedem Winzer selbst überlassen, die für ihn optimale Cuvée zu finden.

Nicht alle Winzer nutzen so wie zwei unserer drei Erzeuger, Nalys und Beaucastel, das ganze Rebsorten-Spektrum. In der Tat ist Château de Beaucastel einer der wenigen Erzeuger, die regelmäßig alle 13 zugelassenen Rebsorten (rote und weiße Trauben) für ihren roten Châteauneuf-du-Pape verwenden!

Château de Beaucastel im nördlichsten Zipfel der Appellation Châteauneuf-du-Pape 
Château de Beaucastel im nördlichsten Zipfel der Appellation

Châteauneuf-du-Pape Domaine de Nalys baut ebenfalls alle 13 Rebsorten an, geht aber einen anderen Weg. Es werden drei verschiedene rote Cuvées und zwei weiße Cuvées produziert, in denen jeweils unterschiedliche Rebsorten in verschiedenen Anteilen verwendet werden. Wir haben uns für die klassische Cuvée entschieden, in der Grenache (56 %) und Syrah (29 %) dominieren und nur vier weitere Rebsorten in kleineren Anteilen eingesetzt werden. Diese Cuvée ergibt einen opulent-kraftvollen Wein, der trotzdem frisch und vornehm wirkt. Vor vier Jahren wurde Domaine de Nalys von einer der großen Wein-Dynastien der Rhône übernommen – Famille Guigal aus Ampuis, deren große Weine von der Nord-Rhône mehrfach mit 100 Punkten von Robert Parker bewertet wurden. Wir sind gespannt, wohin die Reise geht.

Robert Parker und Châteuneuf-du-Pape

Auch wenn sich die Qualität der Weine aus Châteauneuf-du-Pape seit Anerkennung als AOC am 15. Mai 1936 über viele Jahrzehnte konstant weiterentwickelt hat und statt einiger weniger Top-Erzeuger heute mehrere Dutzend Häuser in der Lage sind, großartige Qualitäten zu produzieren, so war es doch der amerikanische Weinkritiker Robert Parker, Erfinder des 100-Punkte-Systems und Herausgeber des „Wine Advocat“, der seit den 1990er Jahren mit spektakulären Bewertungen maßgeblich daran beteiligt war, den Fokus der internationalen, vor allem aber der amerikanischen Weinliebhaber auf Châteauneuf zu lenken. Insbesondere seine Bewertung der Jahrgänge 1998 und 2000 löste einen regelrechten Hype aus.

So bewertete er zum Beispiel in der Ausgabe von 2002 des „Parker's Wein Guide“ den Châteauneuf-du-Pape Hommage à Jacques Perrin 1998 mit 100 von 100 möglichen Punkten, ebenso den Châteauneuf-du-Pape Cuvée Centenaire 1998 von Les Cailloux oder auch den Châteauneuf-du-Pape Cuvée da Capo 1998 der Domaine du Pégau. Wer weiß, wie sich Parkers Bewertungen mehrere Jahrzehnte auf Nachfrage und Preisentwicklung der Spitzenweine aus Bordeaux ausgewirkt haben, kann sich vorstellen, welchen Wirbel diese Einschätzungen in Châteauneuf ausgelöst haben.

Die zwei weißen und drei roten Cuvées von Domaine de Nalys
Die zwei weißen und drei roten Cuvées von Domaine de Nalys

Persönlich bin ich ein großer Fan der Weine aus Châteauneuf geworden. Die stilistische Vielfalt ist groß, reicht von eher jung zu trinkenden, weichen und fruchtbetonten Weinen bis hin zu großartigen, körperreichen, opulent-generösen Weinen mit einem Reifepotenzial von 20 Jahren und mehr. Es lohnt sich wirklich, den Spitzenweinen aus Châteauneuf ein Jahrzehnt Reifezeit im Keller zu gönnen. Sie belohnen dies mit einer unglaublichen Komplexität und Tiefe.

Wer die Chance hat, vielleicht beim nächsten Frankreichurlaub, einen Abstecher nach Châteauneuf zu machen, findet in der kleinen Vinothek in der Ortsmitte eine enorme Auswahl verschiedenster Châteauneuf-du-Pape aller Stilrichtungen und fast aller Erzeuger. Allen anderen Weinfreunden möchte ich unsere kleine Auswahl hervorragender Châteauneuf von Domaine de Nalys, Domaine La Fagotière (Bio) und Château de Beaucastel ans Herz legen. Übrigens lohnt es sich auch, einmal den „kleinen Bruder“ Coudoulet de Beaucastel zu probieren. Eigentlich „nur“ ein Côtes-du-Rhône, genießt er jedoch genau so viel Aufmerksamkeit und Pflege in Weinberg und Keller, wie das Aushängeschild der Familie.

Text und Fotos: Christopher Sistermanns

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